Eine Verantwortung über den Tod hinaus

Ein Gedanke, mit dem Sie sich sicherlich nicht gerne befassen, der aber enorm wichtig ist, wenn Sie mit tierischen Mitbewohnern zusammenleben: Wer kümmert sich um meinen tierischen Mitbewohner, wenn mir etwas zustößt oder ich gar vor meinem treuen Freund versterbe? Diese Frage sollte man sich nicht nur stellen, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht, sondern im besten Fall schon ab dem Zeitpunkt, in dem man sein Leben mit einem tierischen Mitbewohner teilt. Denn Vorkehrungen für den Notfall zu treffen, gehört zu der Verantwortung, die jede:r von uns mit der Adoption eines tierischen Mitbewohners übernimmt.

Wie Sie über den eigenen Tod hinaus am besten für Ihren tierischen Mitbewohner sorgen können, was es zu beachten gilt und wie sich die Rechtslage im Erbrecht darstellt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Können tierische Mitbewohner erben?

Hierauf gibt es im deutschen Recht leider eine klare Antwort: Nein. Wer erben kann, bestimmt § 1923 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – hiernach kann erben, wer zum Zeitpunkt des Erbfalls, also des Todes der vererbenden Person, lebt. Da unsere tierischen Mitbewohner als Lebewesen zu diesem Zeitpunkt noch leben könnten, ist auf den ersten Blick verwunderlich, dass sie keine Erben sein können. Dies liegt jedoch daran, dass Tiere im deutschen Recht keine Rechtssubjekte sind, sondern Rechtsobjekte. Sie können also nicht Träger von Rechten und Pflichten im Sinne des § 1 BGB sein.

Dies ist auf § 90a BGB zurückzuführen. § 90a S. 1 BGB stellt zwar fest, dass die Tiere, anders als von vielen Menschen fälschlicherweise angenommen, keine Sachen sind. Jedoch bestimmt § 90a S. 3 BGB, dass für Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Im Erbrecht finden sich keine Normen, die diesbezüglich etwas anderes regeln. Daher werden Tiere im deutschen Erbrecht wie Sachen behandelt und besitzen demnach auch nicht den rechtlichen Status, erben zu können.

Tierische Mitbewohner im Testament

Tierische Mitbewohner können und sollten dennoch bedacht werden, wenn Sie Ihren letzten Willen verfassen. Nur so können Sie sich sicher sein, dass es Ihrem treuen Freund auch nach dem eigenen Ableben an nichts fehlt. Werden hier keine speziellen Regelungen getroffen, wird das Tier als Rechtsobjekt automatisch Teil der sogenannten Erbmasse. Über die Erbmasse treffen in der Regel sämtliche Erb:innen gemeinsam eine Entscheidung. Dies kann dazu führen, dass Ihr tierischer Mitbewohner von einem der Erb:innen aufgenommen und im besten Fall gut versorgt wird. Es ist jedoch auch möglich, dass Ihr tierischer Mitbewohner von den Erb:innen willkürlich an Dritte abgegeben oder verkauft wird. Sie haben in diesem Fall also keinen Einfluss darauf, bei wem Ihr tierischer Mitbewohner leben wird und wie gut er dort versorgt wird.

Welche Möglichkeiten haben Sie also, um den tierischen Mitbewohner möglichst gut abzusichern?

Wer soll sich kümmern?

Zunächst müssen Sie sich entscheiden, ob Ihr tierischer Mitbewohner als Teil der Erbmasse in Eigentum und Besitz sämtlicher Erb:innen übergehen soll oder ob Sie die Verantwortung im Rahmen eines Vermächtnisses (§§ 1939, 2147 ff. BGB) direkt einer bestimmten Person, die nicht zwingend Erb:in sein muss, übertragen möchten.[1]Vermächtnisse können dafür genutzt werden, einzelne Vermögensvorteile (z. B. ein Auto, eine Immobilie, einen bestimmten Geldbetrag etc.) einer bestimmten Person, die nicht Erb:in sein muss, … Weiterlesen

Wie soll sich gekümmert werden?

Im zweiten Schritt ist wichtig zu überlegen und möglichst genau zu regeln, wie die Versorgung durch die Erb:innen oder Vermächtnisnehmer:innen aussehen soll. Sie können sowohl das Erbe als auch ein Vermächtnis gem. § 1940 BGB mit einer Auflage verbinden. Mit dieser Auflage können Sie sicherstellen, dass die Erb:innen oder Vermächtnisnehmer:innen sich genauso um den treuen Freund kümmern wie Sie selbst. Letztlich sind Sie bei der inhaltlichen Ausgestaltung des eigenen Testaments und insbesondere bei der Auflage frei und können jede Besonderheit, die für das weitere Leben des tierischen Mitbewohners wichtig ist, genauestens regeln. So können Sie zum Beispiel festlegen, dass die Erb:innen oder Vermächtnisnehmer:innen eine bestimmte Summe aus der Erbmasse erhalten, die diese sodann ausschließlich für die Versorgung des tierischen Mitbewohners nutzen dürfen. Auf diesem Wege können Sie auch sicherstellen, dass Ihr tierischer Mitbewohner weiterhin dieselbe Hundeschule oder Tierärzt:innenpraxis besuchen kann oder bestimmen, wo der Schlafplatz im neuen Zuhause sein soll, damit sich das Tier schnellstmöglich einleben kann.

Den eigenen tierischen Mitbewohner mit guter Absicht, aber unwirksam als Erbe eingesetzt

Was passiert aber, wenn eine verstorbene Person nicht wusste, dass der eigene tierische Mitbewohner nicht als Erbe eingesetzt werden kann und diesen im Testament aufgenommen hat?

In der Regel führt dies nicht dazu, dass das gesamte Testament unwirksam ist. Vielmehr wird der mutmaßliche Wille der verstorbenen Person dann gem. § 133 BGB ausgelegt. Wird im Testament zum Beispiel der tierische Mitbewohner als Erbe ausgewählt und eine dritte Person dazu bestimmt, den tierischen Mitbewohner zu versorgen, dann wird dies wohl in der Regel als Vermächtniseinsetzung der/des Dritten, verbunden mit der Pflegeauflage des tierischen Mitbewohners, ausgelegt. Dies bedeutet, dass der tierische Mitbewohner als Teil der Erbmasse dem/der Dritten vermacht wird.[2]Roth: Das Haustier im Nachlass, NJW-Spezial 2011, 551 Diese dritte Person wird dann also nicht anstelle des tierischen Mitbewohners Erb:in, sondern hat lediglich einen Vermächtnisanspruch auf Übereignung und Übergabe des tierischen Mitbewohners gegen die Erb:in. Er oder sie ist gleichzeitig dann verpflichtet, den tierischen Mitbewohner zu versorgen.

Was man sonst noch beachten sollte

Den tierischen Mitbewohner im Testament aufzunehmen und dort für die bestmögliche Versorgung zu sorgen, ist ein wichtiger Schritt. Aber woran viele Menschen nicht denken, ist die Zeit, bevor das Testament und damit der letzte Wille die entscheidenden Personen – nämlich die, die sich um den tierischen Mitbewohner kümmern – erreicht. Mitunter können hier einige Tage oder Wochen vergehen. Es ist daher wichtig, auch für diese Zeit Vorkehrungen zu treffen.

Geben Sie im besten Fall bereits, wenn Sie den Entschluss gefasst haben, wer sich um Ihren treuen Freund kümmern soll, dieser Person Bescheid und klären Sie die wichtigen Einzelheiten rund um Ihren tierischen Mitbewohner. Es ist wichtig, medizinische Besonderheiten, Essensgewohnheiten und andere individuellen Vorlieben des Tieres mitzuteilen.

Um im Notfall – zum Beispiel im Falle eines Unfalles – vorbereitet zu sein, bietet PETA Notfallinformationen an. In der Mappe sind die wichtigsten Informationen sowie Notfall-Karten zum Ausfüllen enthalten. Diese Karten können Sie gut sichtbar in Ihrem Haus oder in Ihrer Wohnung auslegen, sodass sie direkt von Personen entdeckt werden. Dadurch kann gewährleistet werden, dass den tierischen Mitbewohnern direkt die Versorgung zukommt, die sie benötigen.

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arbeitet seit Dezember 2021 als Justiziarin für das PETA-Rechtsteam und befasst sich vorwiegend mit Fragestellung aus dem Bereich des Tierschutz- und Medienrechts.

Quellen[+]