Der Hundeführerschein – per Verwaltungsakt zu mehr Sicherheit für Ihren tierischen Begleiter und Sie

In den vergangenen Jahren hat die Diskussion über die Einführung eines Hundeführerscheins in Deutschland erheblich an Fahrt aufgenommen. Denn kaum eine Woche vergeht, in der die Medien nicht von einem Vorfall berichten, bei dem Hunde Menschen verletzen. Wir von PETA Deutschland e.V. weisen unermüdlich darauf hin, dass diese Vorfälle in der Regel verhindert, zumindest jedoch stark reduziert werden könnten, wenn sämtliche Bundesländer den Hundeführerschein verpflichtend einführen würden. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Sicherheit von Mensch und Tier zu gewährleisten und das Verantwortungsbewusstsein der Hundehalter:innen zu stärken. Doch wie sieht es aus rechtlicher Sicht mit dieser Idee aus? Dürfte man überhaupt dazu verpflichtet werden, einen Hundeführerschein zu machen?

Wie ist die Situation aktuell?

Es besteht in Deutschland keine einheitliche Regelung zum Hundeführerschein. Momentan gibt es lediglich ein Bundesland – Niedersachsen –, in dem der sog. Hundeführerschein in Form eines „Sach“kundenachweises[1]An der Begrifflichkeit sollte gearbeitet werden, denn Hunde sind keine Gegenstände respektive Sachen. Statt Sachkunde wäre hier wohl Fachkunde treffender. für Erst-Halter:innen gesetzlich verpflichtend abgelegt werden muss. Teil dieses Nachweises ist ein Wissenstest, mit dem überprüft wird, ob der/die Kandidat:in ausreichende Kenntnisse zum allgemeinen Hundeverhalten aufweist. In diesem Wissenstest werden zum Beispiel Fragen zur Körpersprache des Hundes, zum Sozialverhalten sowie den Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten des Tieres, etwa durch Stimmfarbe und/oder Lautstärke in der Ansprache, abgefragt.

Neben der theoretischen Prüfung in Form des Wissenstests muss innerhalb eines Jahres nach Übernahme der Verantwortung für das Tier eine praktische Prüfung abgelegt werden. In dieser wird überprüft, ob der/die Halter:in den Hund einschätzen kann, gefährliche Situationen erkennt und in der Lage ist, etwaigen Gefahren vorzubeugen.[2]Informationen zum Hundegesetz, Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, … Weiterlesen

In Baden-Württemberg soll der Hundeführerschein in einer vergleichbaren Form laut Koalitionsvertrag bis 2026 verpflichtend eingeführt werden.[3]Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg, CDU Baden-Württemberg (2021): Jetzt für morgen. Der Erneuerungsvertrag für … Weiterlesen Auch in Bremen wird die verpflichtende Einführung diskutiert. In Berlin, Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein (u. a.) gibt es bisher lediglich die Empfehlung, den Hundeführerschein abzulegen – obligatorisch ist dies jedoch nicht.

Rechtliche Einordnung – Grundrechte und verwaltungsrechtliche Ausgestaltung

Bei dem Hundeführerschein würde es sich um einen Verwaltungsakt i. S. d. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) handeln, der bei der zuständigen Behörde – z. B. den Veterinärämtern – beantragt werden könnte. Rechtsgrundlage für den Erlass eines solchen Verwaltungsakts könnte eine Norm im jeweiligen Landes-Hundegesetz sein.

Die Gesetzgebungskompetenz für die existierenden Hundegesetze liegt gem. Art. 70 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bei den Ländern. Daher muss jedes Bundesland tätig werden und ein entsprechendes Gesetz erlassen.

Von rechtlicher Seite aus betrachtet, stellt sich hierbei zum einen die Frage, inwieweit die Einführung eines Hundeführerscheins mit möglicherweise kollidierenden Grundrechten der Halter:innen vereinbar ist. Insbesondere das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) und die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) sind hier relevant.

Indem die Hundehaltung vom Erlangen eines Hundeführerscheins abhängig gemacht und damit die Hundehaltung beschränkt wird, wird damit zwar in jene zuvor genannten Freiheitsrechte der Hundehalter:innen eingegriffen. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt: In einer entsprechenden Abwägung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit und Ordnung, insbesondere am Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Tiere, sofern das konkrete Gesetz dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Hundeführerschein sollten hierzu so gestaltet sein, dass er einerseits effektiv zur Sicherheit beiträgt, andererseits aber auch zumutbar für die Hundehalter:innen sowie die Hunde ist. Hierbei müssen die Kosten, der Aufwand für den Erwerb des Hundeführerscheins und die Belastung, die auf den Hund ausgeübt wird – insbesondere durch die praktische Prüfung – in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen.

Für den Fall, dass eine solche gesetzliche Pflicht eingeführt würde und Ihr Antrag auf Erteilung abgelehnt werden sollte, obwohl Sie die vom Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen, könnten Sie gegen die unberechtigte Ablehnung des Antrags dann im Wege des Widerspruchs nach § 68 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)[4]In einigen Bundesländern sehen die Landesverwaltungsverfahrensgesetze kein Widerspruchsverfahren vor, sodass direkt Verpflichtungsklage erhoben werden kann. sowie im weiteren Verlauf mit einer Verpflichtungsklage gem. §§ 113 Abs. 5 S. 1, 42 Abs. 1 VwGO vorgehen.

Fazit

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Einführung eines Hundeführerscheins aus rechtlicher Sicht durchaus möglich und sinnvoll ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion und die Gesetzgebung in den einzelnen Bundesländern entwickeln werden. In jedem Fall ist es für Sie und Ihren Hund jedoch sinnvoll, die freiwilligen Angebote vor Ort wahrzunehmen und gemeinsam den Hundeführerschein abzulegen. Ferner können Sie sich auch hinsichtlich Petitionen zur Einführung eines verpflichtenden Hundeführerscheins informieren und diese unterstützen.

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arbeitet seit Dezember 2021 als Justiziarin für das PETA-Rechtsteam und befasst sich vorwiegend mit Fragestellung aus dem Bereich des Tierschutz- und Medienrechts.

Quellen[+]